Über Lampenfieber, Ängste und Altersvorsorge: Interview mit Schauspielerin Wicki Kalaitzi

4. Oktober 2021

In dieser Folge spreche ich mit der wunderbar einfühlsamen und tiefgründigen Schauspielerin Wicki Kalaitzi. Lass dich von ihr berühren und inspirieren. Sie ist eine echte Künstlerin. Ursprünglich wollte sie Tänzerin werden, doch ein Schicksalsschlag brachte sie zur Schauspielerei. Ich spreche mit ihr über finanzielle Probleme als freischaffende Künstlerin, Umgang mit Kritik und darüber was ihr guttut.

Hier das Interview mit Wicki Kalaitzi

Daniel: Hallo Wicki, schön das du hier bist. Lass uns gleich in die Vollen gehen: Warum übst du deine Kunst aus? Warum tust du was du tust? Warum bist du Schauspielerin?

Wicki: Wow, das ist eine superschwere Frage. Warum mache ich das Ganze? Ursprünglich habe ich damit angefangen, weil ich mich am Theater irgendwie zu Hause gefühlt habe. Vor allem mit den Leuten. Außerdem war ich als junger Mensch relativ schüchtern. Und am Theater habe ich einen Ausdruck gefunden und fühlte ich frei. Die Arbeit mit den Künstlern gab mir eine Art von Familiengefühl. Diese Offenheit der Künstler habe ich gespürt. Sie hatten wenige Vorurteile. Und dort fühlte ich mich zu Hause. Oft fühlte ich mich woanders fremd. Am Theater dann nicht mehr.

Daniel: Wann ist deine Arbeit für dich so richtig befriedigend?

Wicki: Gute Frage, weil man das ja meißtens von außen beurteilen läßt. Wenn der Regisseur oder die Regisseurin zum Bespiel sagt: “Wow, das hast du ganz toll gemacht.” Dann fühle ich mich befriedigt. Auf der Bühne ist das einfacher, weil da spüre ich die Zuschauer. Aber das eigene Gefühl stimmt nicht immer mit der Realität überein, man wirkt nach außen anders als man denkt. Darum braucht man, bzw. brauche ich eine Beurteilung von außen. - Beurteilung klingt jetzt hart. Aber so ist es im Prinzip. Oder eine Beschreibung von außen, nennen wir es so. Und wenn diese positiv ist, bin ich zufrieden.

Wenn ich berühre, wenn das was ich zu versuche zu erzählen berührt. Dann ist meine Arbeit befriedigend.

Daniel: Wie gehst du damit um, wenn eine Arbeit unbefriedigend ist?

Wicki: Als ich noch eine jüngere Schauspielerin war, da bin ich ab und zu aus Produktionen ausgestiegen. Das würde ich jetzt im Nachhinein nicht mehr machen. Damals hatte ich sehr hohe und idealistische Ansprüche. Das hast sich inzwischen alles etwas relativiert. Man muß künstlerisch nicht mit jedem Stück eine Revolution starten, künstlerisch meine ich. Das geht auch garnicht. Außerdem ist das relativ.

Und heute, wenn es nicht gut läuft, da beiße ich mich durch. Ich kämpfe mich durch, ja. Ob das gut ist, weiß ich nicht, aber ich glaube schon.

Was man versuchen sollte, bzw. was ich versuche ist, in den Dialog zu treten.

Wenn ich Theater probe und ich komme nicht zurecht, oder ich merke, dass ich nicht vorwärts komme, oder das Ganze in eine Richtung geht, die ich nicht spüre und nicht verstehe, dann versuche ich in den Dialog zu gehen, offen zu sein und den Mund aufzumachen. Runterschlucken ist nicht gut.

Daniel: Was würdest du jemandem raten, der sich nicht traut, seine Kunst auszuleben?

Wicki: Ich würde raten, dass man aufhört sich von außen zu beobachten.

Das ist nicht einfach als Schauspieler, aber den Blick von außen sollte man weglassen. Man muß versuchen zu sich zu kommen und sich äußerlich nicht zu bewerten. Man sollte jeden Schritt als Prozess anerkennen.

Einen Rat, den mir eine ältere, tolle Schauspielerin mal gegeben hat, nachdem ich sie gefragt habe, wann ich denn eine gute Schauspielerin sei, lautete: “Ich kann dir nur raten, 20 Jahre durch´s Leben zu spazieren.” Das habe ich damals nicht verstanden, aber heute bedeutet das für mich, dass die Erfahrungen die man im Leben macht und die dich und deine Persönlichkeit verändern und wachsen lassen, am Ende das sind was du zu erzählen hast.

Das bedeutet heute für mich, dass man nur die Erfahrungen die man im Leben macht und die einen als Persönlichkeit prägen und verändern, erzählen kann. Man kann als Künstler nicht sein was man nicht ist. Ich sehe ob jemand etwas zu erzählen hat. Ob da eine Substanz ist. Und diese Substanz kommt aus dem Innersten.

Diese Substanz hat jeder und darauf sollte man versuchen zu vertrauen. Und das ist ein Prozess.

Daniel: Was machst du, wenn von dir etwas verlangt wird, von dem du denkst, dass es dir nicht entspricht oder du es nicht erfüllen kannst? Wie gehst du damit um? Auch emotional?

Wicki: Schwierig. Denn ich bin sehr selbstkritisch. Fast selbstzerstörerisch. Deshalb empfinde ich diesen Beruf auch als sehr sehr anstrengend.

Die Selbstkritik ist größer, als die Kritik von außen.

Ich leide unter Lampenfieber und habe Ängste. Ich habe für mich das Meditieren entdeckt. Ich versuche dann zur Ruhe zu kommen. Zu mir zu kommen. Ruhig zu werden. Und das ist eine riesen Aufgabe. Ich weiß, wie schwer das ist. Aber es geht! Es geht immer besser.

Daniel: Was tust du, wenn eine Kritik von außen kommt, die sehr hart und zerstörerisch ist? Wenn z.B ein Regisseur ungerecht ist und nicht gut mit dir umgeht? Was macht das mit dir und wie gehst du damit um?

Wicki: Also ich suche den Fehler ehrlich gesagt erst mal bei mir. Also, was heißt Fehler… Es gibt keine Fehler im künstlerischen Prozess. Aber nennen wir es mal so. Ich frag mich dann: „War ich vielleicht nicht offen genug?“ Ich versuche erstmal etwas zu ändern. Ich versuche die Kritik anzunehmen, denn wir sind auf Kritik angewiesen.

Aber wenn ich merke, dass es nicht um die Sache geht, dass die Kritik nicht konstruktiv ist sondern es um persönliche Sachen geht, dann wird das Ganze schwierig. Was tue ich da? In meinem Fall ist es so: Je älter und erfahrener ich bin, desto eher spreche ich es an. Ich versuche Grenzen zu setzten. Ich versuche auf Augenhöhe zu kommen. Denn wir sind auf Augenhöhe! Kein Regisseur oder Regisseurin kann ohne Schauspieler arbeiten und umgekehrt und darum sind wir auf Augenhöhe! In beiden Richtungen. Es geht garnicht anders.

Daniel: Was für ein Verhalten würdest du jungen Schauspielern abraten? Gibt es typische Fehler die man am Anfang macht, von denen du warnen möchtest?

Wicki: Sich zu entschuldigen, wenn man meint man hat sich „verspielt“.

Man braucht sich weder klein zu fühlen noch selbst klein zu machen. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht höflich sein soll.

Und wenn man sieht, dass Kollegen nicht gut behandelt werden, sollte man Courage zeigen! Den Mund aufmachen! Das ist ganz wichtig! Man sollte unbedingt kollegial sein.

Daniel: Was bedeutet Erfolg für dich?

Wicki: Wenn ich mit Menschen arbeite, die kreativ sind, die mich inspirieren und die ich inspiriere. Das sind Glücksmomente, die habe ich in meinen letzten 30 Berufsjahren ein paar Mal erlebt. Ich habe mit guten Leuten gearbeitet und nicht so guten. Ich war gut und auch mal nicht so gut… Wie auch immer.

Doch am Ende sind künstlerische Begegnungen der wahre Erfolg für mich. Das nährt mich. Meine Seele.

Daniel: Neues Thema: Hattest du in den letzten 30 Jahren als freischaffende Künstlerin mal finanzielle Probleme? Und falls ja, was hast du dagegen getan?

Wicki: Außer in meinen ersten acht Jahren war ich eigentlich immer freischaffend. Und ja, es gab Phasen, da wußte ich nicht, wie ich die Miete bezahlen sollte. Da gab´s dann die Hilfe vom Jobcenter. Bis ich anfing mir ein zweites Standbein aufzubauen und begann, als Sprecherin zu arbeiten. Da habe ich dann, in relativ kurzer Zeit, relativ viel Geld verdient. Für meine Art zu denken, war das viel, ich kam ja vom Theater. Als Sprecherin zu arbeiten, war meine finanzielle Stütze.

Daniel: Hast du eine Methode, um deine Finanzen im Blick zu behalten? Was hast du für ein System?

Wicki: Erwischt! Ich habe kein System. Ich weiß nichtmal wieviel Geld ich Portmonait habe. Ob das 20 oder 100€ sind, keine Ahnung. Ich habe kein System. Das einzige was mir ganz wichtig ist, ist keine Schulden zu haben, nicht im Minus zu sein und mindestens für ein Jahr die Miete zahlen zu können. Das ist wichtig für mich und das habe ich im Blick.

Daniel: Und was tust du für deine Altersvorsorge?

Wicki: Jetzt wird´s ja noch schlimmer. (lacht) Ich zahle ganz normal in die Rentenversicherung ein, ich bin in der KSK und ich zahle in die Bayerische Versorgungskammer ein.

Daniel: Weißt du wie hoch deine Rentenlücke ist und was tust du dagegen, um später nicht in Altersarmut zu leben?

Wicki: Was ist denn die Rentenlücke?

Daniel: Die Differenz zwischen dem was du heute zur Verfügung hast, zu dem was du im Alter voraussichtlich zum Leben hast.

Wicki: Weiß ich nicht. Aber es wird eine grosse Lücke sein. Wahrscheinlich. Was tue ich dagegen: Nichts, bisher. Ich gehöre zu den Schauspielern, die nicht vorgesorgt haben und sich damit nicht beschäftigt haben.

Daniel: Kommen wir zur Abschlussfrage: Was tust du, wenn es dir emotional nicht gut geht? Wie kümmerst du dich um deinen inneren Künstler? Wie tust du dir gut?

Wicki: Ich gehe in die Natur. Die Natur ist das schönste, das wir haben. Ich meditiere. Ich umgebe mich mit Menschen die ich liebe. Das in dieser Reihenfolge. Am besten alles auf einmal. Das für mich das Wichtigste. Denn „Künstler sein“ hat viel mit der Seele zu tun. Und ohne Seele, keine Kunst.

Daniel: Vielen Dank für das Gespräch, liebe Wicki!

Wicki: Ich danke dir, lieber Daniel .

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Das wird dir guttun!

Dein Daniel

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